Diversify Talk zu „(P)ostmigrantische Allianzen im Wahljahr 2024″

Diversify zu Gast in Chemnitz. Einblicke in die Podiumsdiskussion zum Thema „(P)ostmigrantische Allianzen im Wahljahr 2024″

Am 24. April 2024 luden die Deutschlandstiftung Integration und die Stiftung Bürgermut in Kooperation mit dem Weltecho zum Diversify-Talk mit dem Thema „(P)ostmigrantische Allianzen“ Vertreter:innen aus Politik, Zivilgesellschaft, Medien, Wissenschaft und weitere Interessierte nach Chemnitz ein.

Die Bedeutung des Talks im Superwahljahr 2024

In Hinblick auf das Superwahljahr 2024 mit der bevorstehenden Europawahl und den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September 2024 war dieser Talk in Chemnitz von besonderer Bedeutung. Denn, im Schatten der 68er-Bewegung hat sich in vielen europäischen Ländern eine neue Strömung, bekannt als die „Nouvelle Droite“, „New Right“ oder „Neue Rechte“, formiert. Heute sind die Auswirkungen dieser Entwicklung deutlich erkennbar. Die Medienberichterstattung dokumentiert ein Erstarken rechtspopulistischer Bewegungen und Standpunkte, die an der Schnittstelle von Rechtsextremismus und stark konservativem Gedankengut anzusiedeln sind. In bundesdeutschen Diskursen wird diese gesamtgesellschaftliche Problematik häufig im „braunen Osten“ platziert.


Marginalisierte Perspektiven und Engagement

Aber, in Ostdeutschland gibt es viele engagierte Menschen, die wichtige Demokratiearbeit leisten. Ziel dieses Diversify-Talks war es, marginalisierten Perspektiven eine Plattform zu bieten, um im Wahljahr 2024 neue Bündnisse und Allianzen zu schmieden oder bereits bestehende zu stärken, insbesondere zwischen ostdeutsch sozialisierten Menschen mit und ohne Migrationsgeschichten.

Die folgenden Akteur:innen wurden zum solidarischen Austausch eingeladen:

  • Dr. Patrice G. Poutrus: Zeithistoriker und Migrationsforscher, der die Wirtschafts- und Sozialgeschichte der DDR sowie Migration und Flucht in beiden deutschen Staaten erforscht.
  • Katharina Warda: Soziologin, Literaturwissenschaftlerin und freie Autorin mit den Schwerpunktthemen Ostdeutschland, marginalisierte Identitäten, Rassismus, Klassismus und Punk.
  • Fatima Maged: Chemnitzer Aktivistin, Redakteurin bei Speak out loud! – Radio T Chemnitz, Gründerin von IZDA – Internationales Zentrum für Demokratie und Aktion e.V.  
  • Luna Möbius: GRÜNE Stadtratskandidat:in für Halle im Einsatz für unterrepräsentierte Gruppen.

 

Ein Blick auf die Vergangenheit und Gegenwart

Zu Beginn der Diskussion wurde die Struktur und das Selbstbild der DDR analysiert. Dr. Patrice G. Poutrus und Katharina Warda verdeutlichten, dass die DDR sich nie als pluralistische Gesellschaft verstand und auch heute noch oft homogen und nicht divers dargestellt wird. Warda betonte, dass diese Sichtweise leicht von rechten Parteien instrumentalisiert wird, was zu einem Erstarken rechtspopulistischer Bewegungen beiträgt.

„Die DDR hat sich selbst nicht als diverse Gesellschaft verstanden und das Selbstbild der DDR war kein Plurales […] Auch heute haben wir nicht die Vorstellung davon, dass Deutschland eine plural divers aufgestellte Gesellschaft ist, in jeglicher Hinsicht, nicht nur was migrantische Kulturen angeht […] jegliches Spektrum an Vielfalt ist nicht Teil des Selbstbildes.“

Wir alle müssen lernen mit verschiedenen Kulturen umzugehen, sie zu tolerieren, sie zu akzeptieren und die Vorurteile, mit denen wir sozialisiert wurden abzubauen. Und das nicht nur mit Lehrbüchern, sondern miteinander.

Einigkeit und Appelle für Engagement im Superwahljahr 2024

Die Panelist:innen waren sich einig, dass trotz der medialen Aufmerksamkeit für rechte Bewegungen viele Menschen im ostdeutschen Raum für eine friedliche und demokratische Gesellschaft arbeiten. Poutrus betonte die Notwendigkeit, sich zu vernetzen und sichtbar zu machen: „Es gibt mehr gute Leute als wir glauben. Wir müssen miteinander in Kontakt bleiben, aufeinander achten und dann heraustreten und sagen: Hier sind wir!“

 

Obwohl die Gesellschaft in den ostdeutschen Ländern auch eine plurale und diverse Gesellschaft ist, sind Menschen mit migrantischer Biografie und nicht-weiße Deutsche laut Fatima Maged noch nicht sichbar genug und unterrepräsentiert. Sie hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht mit verschiedenen Projekten diesen Menschen eine Plattform und einen Schutzraum zu bieten und ihren Stimmen Gehör zu verschaffen. 

 

Luna Möbius bekräftigte die Notwendigkeit eines parlamentarischen und außerparlamentarischen Widerstands. Die bevorstehenden Landtagswahlen wurden mit gemischten Gefühlen betrachtet. Die Panelist:innen betonten die Bedeutung von Allianzen und politischer Beteiligung. Poutrus erinnerte wiederum daran, dass das Wahlrecht hart erkämpft wurde und nicht aufgegeben werden darf.

Fazit

 

Der Diversify-Talk war ein wertvoller Austausch über „(P)ostmigrantische Allianzen“ und zeigte, wie wichtig es ist, sich zu vernetzen und für eine vielfältige Gesellschaft zu kämpfen. Die Panelist:innen konnten klare Einblicke in das (politische) Leben in Ostdeutschland wie auch der DDR gewähren. Sie motivieren und gehen als großartige Beispiele voran, Möglichkeiten des gesellschaftlichen Engagements aufzuzeigen und nicht der politischen Ohnmacht zu verfallen. Denn am Ende sind sich alle einig: Egal wie die Wahlen ausgehen werden, sie lassen sich nicht einschüchtern und machen mit ihrer politischen Arbeit weiter – noch mehr, noch stärker, noch vernetzter.

 

Ein großes Dankeschön geht an die Moderatorin Nhi Le, die Pannelist:innen Dr. Patrice G. Poutrus, Katharina Warda, Fatima Maged und Luna Möbius, das Team des Weltechos und die Stiftung Bürgermut für die Ermöglichung dieses wichtigen Abends sowie an die Stiftung Mercator für die Förderung von Diversify. 

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